Stabilisierung von Verletzungen des oberen Sprunggelenks mittels intramedullärem Fibula-Nagel oder Plattenosteosynthese

Ergebnisse eines biomechanischen Experiments

 

BG Klinikum Bergmannstrost Halle

27.08.2024

F.C. Kohler, P. Schenk, T. Nies, J. Hallbauer et al.

doi: 10.3390/jcm12020698. PMID:36675627; PMCID: PMC9862725.

 

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Was bisher bekannt ist

Instabile Sprunggelenkfrakturen vom Typ Weber C (AO / OTA Klassifikation 44C2) sind häufig, mit Weichteilschäden und -schwellungen vergesellschaftet, und sollten operativ stabilisiert werden. Wundheilungsstörungen nach offener Reposition und interner Fixation (ORIF) mittels winkelstabiler Platte stellen unverändert ein klinisches Problem dar. Die intramedulläre Marknagelosteosynthese (IMN) des körperfernen Wadenbeins entwickelt sich zunehmend zu einer akzeptierten Alternative zur klassischen ORIF, insbesondere bei älteren Verletzten mit Begleiterkrankungen und einem erhöhten Risiko für Wund- und Weichteilinfektionen.
Es ist jedoch unverändert unklar, ob eine IMN die gleiche biomechanische Stabilität gewährleistet wie eine ORIF.

Studiendesign und Resultate

Es wurde ein biomechanisches Experiment unter Nutzung von 16 Unterschenkeln von acht Körperspendern durchgeführt, um die Stabilität einer IMN mit derjenigen der ORIF nach standardisierter Generierung einer instabilen Pronations-Rotations-Verletzung entsprechend Lauge-Hansen Stadium 4 zu vergleichen.
Untersucht wurde der Bewegungsumfang (Range of Motion, ROM), die Rotationssteifigkeit (RS) und die Diastase (also der Abstand zwischen Tibia und Fibula in der Sprunggelenkgabel) nach definierter Krafteinleitung. Die Sprunggelenke wurden unter Simulation des Körpergewichts von 750 N axial und zugleich durch Einleiten von rotatorischen Drehmomenten (2 Nm bis 12 Nm) über das Tibiaplateau in Innen- und Außenrotation belastet. Der Fuß war bei diesen Versuchen fixiert, so dass die eingeleiteten Kräfte nur durch Bewegungen im Sprunggelenk kompensiert werden konnten. Das Aufklaffen der Sprunggelenkgabel wurde mittels einer 3D-Kamera aufgezeichnet.
Alle Bewegungsparameter wurden als prozentualer Anteil im Vergleich zu nativen Ausschlägen angegeben.

Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung in den BG Kliniken

In diesem Versuchsaufbau wurden die Fixierung einer standardisiert erzeugten instabilen Sprunggelenkfraktur mittels Fibula-Nagel (im Vergleich zur ORIF, und unter klinisch üblicher Einbringung von Syndesmosen-Schrauben), biomechanisch geprüft.
Es konnten keine Unterschiede zwischen IMN und ORIF im Gesamt-Bewegungsausmaß (ROM) und der Diastase in der Sprunggelenkgabel beobachtet werden. Der Nagel erreichte im Vergleich zur Platte jedoch eine signifikant höhere Rotationssteifigkeit bei hoher und damit potenziell klinisch relevanter Effektstärke (d = 0,76).
Neben den Vorteilen der minimalinvasiven Technik suggerieren die Ergebnisse, dass die Nagelosteosynthese eine sinnvolle Alternative zur winkelstabilen Platte im erläuterten Szenario darstellen könnte. Es bedarf klinischer Studien, um die Relevanz der experimentellen Ergebnisse im Versorgungsalltag zu belegen.