Komplikationen nach Zuggurtungs-, winkelstabiler Platten- und Schraubenosteosynthese von Patellafrakturen

Ergebnisse einer retrospektiven multizentrischen Studie

 

BG Klinikum Hamburg

26.11.2024

M.T. Berninger, A. Korthaus, L. Eggeling, E. Herbst et al.

doi: 10.1007/s00068-024-02503-0.

 

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Was bisher bekannt ist

Etwa 1 % aller Frakturen betreffen die Kniescheibe – die Inzidenz in Deutschland wird auf 14 / 100.000 geschätzt (Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 665–9. DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0238). Gemäß S2e-Leitlinie der AWMF unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU e.V., Nr. 012-017) ist das Behandlungsziel „die Wiederherstellung bzw. der Erhalt der anatomischen Form der Patella, einer glatten Gelenkfläche sowie eines funktionsfähigen Streckapparates.“ Ferner heißt es: „Bei erhaltener aktiver Streckhebefähigkeit des betroffenen Beines und fehlender relevanter Dislokation oder Gelenkstufe ist eine nicht-operative Therapie indiziert, ansonsten gilt die operative Therapieempfehlung.“

Etablierte chirurgische Verfahren sind die Zuggurtung, die winkelstabile Plattenosteosynthese und die Verschraubung. Es besteht unverändert Unklarheit über die spezifischen Komplikationsraten mit den verschiedenen Behandlungsoptionen.

Studiendesign und Resultate

In eine retrospektive multizentrische Erhebung an überregionalen Traumazentren (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, BG Klinikum Hamburg, Universitätsklinikum Münster, Klinikum Konstanz, Euregio-Hospital Nordhorn, Johanniter Waldkrankenhaus Bonn, Universitätsklinikum Würzburg, BG Unfallklinik Frankfurt am Main, Maria-Josef-Hospital Greven) konnten 243 von 461 zwischen 2013 und 2018 Behandelte mit Patella-Frakturen eingeschlossen werden. Die Kohorte umfasste 130 Frauen und 113 Männer mit einem mittleren Alter von 55 (SD 15) Jahren. Das mittlere Follow-Up betrug 63 (Spanne, 26 – 110) Monate. Arbeitsunfälle betrafen 32 (13 %) Patientinnen und Patienten.

Es dominierten Frakturen des Typs AO / OTA 34C3 (n=106, 44 %), gefolgt von C1 (n=67, 28 %) und C2 (n=45, 19 %). Die operative Stabilisierung erfolgte im Mittel 3 (Spanne, 0–28) Tage nach dem Unfall. Zuggurtungs-, Platten- und Schrauben-Osteosynthesen erfolgten in 162 (67 %), 46 (19 %) und 34 (14 %) Fällen – ein Eingriff konnte nicht klar zugeordnet werden.

Komplikationen traten nach 38 / 243 Osteosynthesen auf (16 %, 95 % Konfidenzintervall [KI] 11–21 %). Die Verteilung unter den oben genannten Interventionen betrug n=27 (17 %, 95 % KI 11–23 %), n=7 (15 %, 95 % KI 6–29 %) und n=4 (12 %, 95 % KI 3–27 %). Hierbei war die Verteilung von Fragmentdislokationen, Refrakturen, Wundheilungsstörungen etc. Implantat-spezifisch. Die Gesamtkomplikationsrate war nach Zuggurtungs- im Vergleich zu anderen Osteosyntheseverfahren erhöht (17 % versus 14 %, Odds Ratio [OR] 1,3, 95 % KI 0,6–3,0).

Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung in den BG Kliniken

Die vorliegende Analyse unterstreicht die Notwendigkeit der partizipativen Entscheidungsfindung und Güterabwägung – unterschiedliche Osteosyntheseverfahren bei leitliniengerechter Indikation für eine Osteosynthese von Patella-Frakturen sind mit bestimmten Komplikationsmustern assoziiert und müssen mit den Betroffenen individuell erörtert werden.