Olfaktorische Rezeptoren von Alveolarmakrophagen

Ihre pathophysiologische Rolle in obstruktiven Lungenerkrankungen

 

BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum

15.05.2024

D. Weidinger, K. Jamal Jameel, D. Alisch, J. Jacobsen et al.

doi: 10.1186/s10020-022-00572-8. PMID: 36503361; PMCID: PMC9743598.

 

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Was bisher bekannt ist

Obstruktive Lungenerkrankungen beeinträchtigen die Lebensqualität von über 500 Millionen Menschen weltweit. Die Wahl der Therapieansätze hängt hierbei auch von den vorherrschenden Entzündungsmerkmalen ab. Erkrankungen wie Asthma, die häufig mit einer Typ-2-Entzündung einhergehen, profitieren von vielfältigen und gezielten Behandlungen. Hingegen sind die therapeutischen Optionen für Erkrankungen, wie etwa die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), die hauptsächlich auf einer nicht-Typ-2-Entzündung basieren und resistent gegenüber der anti-inflammatorischen Wirkung von inhalativen Steroiden sind, begrenzt. Die Steroid-resistente Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen durch Alveolarmakrophagen ist zentral für eine nicht-Typ2 Inflammation und für die Krankheitsprogression. Infolgedessen besteht ein dringender Bedarf an innovativen Lösungsansätzen, die in der Lage sind, die Entzündungsreaktion zu reduzieren und somit die Progression dieser Erkrankungen ursächlich zu behandeln.
Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass eine bislang kaum erforschte Klasse von Rezeptoren, die olfaktorischen Rezeptoren (ORs), sich in diesem Kontext als Drug Targets eignen könnten. Diese sind nicht ausschließlich wie bisher angenommen im Nasenepithel exprimiert, sondern finden sich in nahezu allen Gewebetypen des menschlichen Körpers. Interessanterweise zeigen Untersuchungen, dass diese Rezeptoren eine Vielzahl von zellulären Prozessen beeinflussen können. Aus diesem Grund könnten olfaktorische Rezeptoren vielversprechende Kandidaten für neue therapeutische Optionen sein, wie etwa für bisher schwer zu behandelnde obstruktive Lungenerkrankungen, die mit einer nicht-Typ-2-Entzündung einhergehen.

Studiendesign und Resultate

In dieser präklinischen Studie sollte festgestellt werden, ob extra-nasale olfaktorische Rezeptoren (ORs) von Alveolarmakrophagen exprimiert werden und ob diese Rezeptoren pathophysiologische Prozesse bei Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen und nicht-Typ-2-Entzündungen beeinflussen. Dies sollte dazu beitragen, eine Bewertung darüber abzugeben, ob sich diese extra nasale ORs als potentielle therapeutische Ziele eignen. Dafür wurden primäre Alveolarmakrophagen aus der bronchoalveolären Lavage von Patientinnen und Patienten mit Indikation für eine chronische Lungenerkrankung mit nicht-Typ-2-Entzündung isoliert. Mittels PCR, immunzytochemischer Färbung und Western Blot konnte nachgewiesen werden, dass zwei ORs, OR2AT4 und OR1A2, in Alveolarmakrophagen exprimiert werden. Die Expression der OR-Proteine war hierbei größtenteils auf die Plasmamembran beschränkt. 
Die in vitro-Stimulation dieser Rezeptoren mit ihren spezifischen Agonisten, Sandalore (OR2AT4) und Citronellal (OR1A2), führte zu einer erhöhten razellulären Calciumkonzentration. Sowohl die Sekretion pathophysiologisch relevanter proinflammatorischer Zytokine wie IL-8, IL-6, CCL-2 oder MMP-9 als auch die Phagozytoseaktivität wurde durch die Aktivierung der ORs jeweils signifikant reduziert. Die Zellvitalität blieb unbeeinflusst.

Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung in den BG Kliniken

Diese Studie konnte zeigen, dass Alveolarmakrophagen die olfaktorischen Rezeptoren OR2TA4 und OR1A2 funktionell exprimieren. Diese Rezeptoren hemmen die Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen mittels Induktion der intrazellulären Calciumkonzentration. Die Reduktion der nicht-Typ-2-Inflammation über eine Aktivierung der ORs könnte eine neue therapeutische Strategie aufzeigen. OR-Agonisten könnten eine Alternative zu den inhalativen Steroiden darstellen beziehungsweise die Steroidresistenz umgehen. Da die ORs in der Plasmamembran lokalisiert sind, wären sie möglicherweise über Inhalativa zu erreichen, was eine potentiell nebenwirkungsarme Applikationsstrategie darstellt.