Überleben und patientenzentrierte Outcomes nach Amputation oder Arthrodese infolge einer Infektion einer Knie-Totalendoprothese
Ergebnisse einer retrospektiven Kohortenstudie
BG Unfallklinik Frankfurt am Main
06.02.2025
M. Schnetz, R. Maluki, L. Ewald, A. Klug et al.
doi: 10.1302/0301-620X.106B7.BJJ-2023-0978.R2. PMID: 38946307.

Was bisher bekannt ist
Der totalendoprothetische Ersatz des Kniegelenks aufgrund einer schmerzhaften und funktionseinschränkenden degenerativen oder posttraumatischen Arthrose ist wissenschaftlich bewiesen effektiv und gesundheitsökonomisch effizient.
In Abhängigkeit vom demografischen und individuellen Risikoprofil treten jedoch in bis zu jedem 50. Fall Infektionen auf. Durch weitgehend standardisierte chirurgische Konzepte wie der ein- oder zweizeitigen Revision mit Ausbau und Austausch mobiler Teile oder dem kompletten Ersatz der infizierten Prothese, im Einzelfall auch Débridement, Antibiotika-Therapie und Implantat-Erhalt (DAIR), lassen sich sowohl akute als auch chronische Infektionen häufig beherrschen.
Wenn diese Maßnahmen versagen, muss an eine (septische) Arthrodese, also die Versteifung des Kniegelenks, oder sogar die Amputation des Oberschenkels oberhalb des Kniegelenks gedacht werden. Hierbei handelt es sich um eher seltene in extremis Situationen, welche die Behandlung in einem Endoprothesenzentrum der Maximalversorgung erfordern. Aufgrund der relativen Seltenheit dieser Konstellation existieren nur wenige Daten, welche einen direkten Vergleich der Outcomes nach Arthrodese oder Amputation ermöglichen.
Studiendesign und Resultate
Für eine retrospektive Kohortenstudie an der BG Unfallklinik Frankfurt wurden Routinedaten von 143 Patientinnen und Patienten aus den Jahren 2011 bis 2021 betrachtet. Aus dieser Stichprobe erwiesen sich 52 und 46 Betroffene nach Arthrodese beziehungsweise Amputation oberhalb des Kniegelenks als für den direkten Vergleich geeignet. Ausgeschlossen wurden Betroffene, bei denen die Amputation die einzig mögliche Therapieoption darstellte. Das mittlere Alter betrug 73 (SD 12), bei einer Spanne von 34 bis 95 Jah¬ren. Das Geschlechterverhältnis weiblich zu männlich lag bei 60 zu 40 %. Im Mittel hatten die Teilnehmenden zuvor 8 (SD 5, Spanne 1 – 26) Eingriffe unterlaufen.
Nach Amputation wurde eine signifikant höhere operative Revisionsrate beobachtet als nach Arthrodese (17 / 46 [37 %] versus 6 / 52 [12 %], Odds Ratio [OR] 4,49, 95 % Konfidenzintervall [KI] 1,59 – 12,72).
Ein Risikofaktor für eine operative Revision nach Amputation waren positive Befunde aus Gewebeproben der Amputation ([OR] 10,11, 95 % Konfidenzintervall [KI] 1,16 – 88,27), p = 0.036), weshalb in diesen Fällen eine engmaschige Überwachung der Wundheilung notwendig ist.
Die 2-Jahres-Sterblichkeit war nach Arthrodese weitaus niedriger als nach Amputation (2 / 52 [3,8 %] versus 13 / 46 [28,3 %], OR 0,21 [95 % KI 0,09 – 0,51]). Tendenziell favorisierte die Arthrodese bei Langzeit-Überlebenden auch die Mobilität ohne und mit Hilfsmitteln.
Bedeutung für die klinische Versorgung und Forschung in den BG Kliniken
Einige BG Kliniken halten Endoprothesenzentren der Maximalversorgung vor, und erfüllen ihren Auftrag im Kernleistungs- und Exzellenzspektrum der rekonstruktiven und septischen Chirurgie. Die hier präsentierten Daten unterstreichen die Bedeutung spezialisierter Einrichtungen, um in klinischen Extremsituationen alle Maßnahmen zu ergreifen, eine von einer bakteriellen Infektion betroffene Extremität zu erhalten, anstatt sie zu opfern. Insbesondere die Hoffnung auf eine Heilung einer fortgeschrittenen Infektion mit einer Operation kann die Amputation nur selten erfüllen. Selbstverständlich gilt unverändert die „life before limb“ Prämisse – solange jedoch nach Ausschöpfung aller Behandlungsoptionen bei einer infizierten Knie-TEP eine Arthrodese möglich ist, sollte diese gegenüber einer Amputation bevorzugt werden.
Die Arbeit wurde durch die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik und Stiftung Endoprothetik mit dem AE Wissenschaftspreis auf dem Gebiet der angewandten Forschung 2024 ausgezeichnet.
Über diesen Artikel
M. Schnetz
BG Unfallklinik Frankfurt am MainR. Maluki
L. Ewald
BG Unfallklinik Frankfurt am MainA. Klug
R. Hoffmann
Y. Gramlich
Schnetz M, Maluki R, Ewald L, Klug A, Hoffmann R, Gramlich Y. Above-knee amputation shows higher complication and mortality rates in line with lower functional outcome compared to knee arthrodesis in severe periprosthetic joint infection. Bone Joint J. 2024 Jul 1;106-B(7):669-679. doi: 10.1302/0301-620X.106B7.BJJ-2023-0978.R2. PMID: 38946307.