Welttag der Patientensicherheit: sichere Medikation am BG Klinikum Hamburg

Zum diesjährigen Welttag der Patientensicherheit am 17. September 2022 informiert das BG Klinikum Hamburg (BGKH) gemäß dem Motto „sichere Medikation“ über Maßnahmen zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS).

Infos zur Pressemitteilung

16.09.2022

Pressekontakt

Christiane Keppeler

Leiterin Unternehmens­kommunikation und Marketing
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„Medication without harm” – unter diesem Motto der WHO soll in diesem Jahr weltweit auf einen wichtigen Dreh- und Angelpunkt der Patientensicherheit aufmerksam gemacht werden, die sichere Medikation. Welch große Rolle das Thema im Gesundheitswesen spielt, untermauern aktuelle Zahlen: Jährlich führen Medikationsfehler zu etwa 250.000 Krankenhauseinweisungen, was ungefähr fünf Prozent aller Fälle ausmacht. 40 Prozent der Patientinnen und Patienten, die drei oder mehr Medikamente einnehmen, haben schon einmal Probleme mit ihrer Medikation festgestellt, zum Beispiel indem sie Tabletten vergessen, zum falschen Zeitpunkt eingenommen oder verwechselt haben.1 Als Premium-Mitglied beim Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS e.V.) unterstützt das BG Klinikum Hamburg die Bemühungen mit einer Reihe an wirksamen Initiativen und Maßnahmen im Klinikalltag.

Medikationsfehler – folgenreich, teuer und oft vermeidbar

Fehler bei der Medikation sind auf viele Faktoren zurückzuführen. Zu den am häufigsten dokumentierten Vorkommnissen zählen Anwendungs- und Dosierungsfehler, von denen allein im 2. Halbjahr 2021 rund 380 Meldungen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erfasst wurden.2 Ursächlich ist meist fehlendes Wissen über Arzneimittel und ihre sachgemäße Verwendung, aus denen dann bspw. Doppelverordnungen oder unbeabsichtigte Wechselwirkungen resultieren.

Ein Blick auf die AMTS-Meldungen zeigt aber auch, was Expertinnen und Experten immer wieder betonen: Viele Fehler sind vermeidbar. Das wird besonders bei den gelisteten Meldungen im Bereich „irreführende Bezeichnungen“ oder „Look- und Soundalikes“ deutlich, also optisch oder namentlich sehr ähnliche Medikamente. All dies hat signifikante Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. Für Deutschland wird angenommen, dass allein 3 bis 5 Prozent aller Krankenhausaufnahmen durch unerwünschte Arzneimitteleffekte (UAE) verursacht werden. Das kostet Geld: Eine Untersuchung im Auftrag der Europäischen Kommission von 2016 geht von rund 21 Mrd. Euro an verursachten Kosten für das öffentliche Gesundheitssystem aller Mitgliedsstaaten aus.3

Maßnahmen für mehr Medikationssicherheit am BGKH

Für Krankenhäuser ist die sichere Medikation ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt der Patientensicherheit. Wie das gelingen kann, erklärt Dr. Frank Dombeck, Apothekenleiter am BGKH: „Ziel aller Maßnahmen ist die qualitätsorientierten Arzneimitteltherapie, welche die bestmögliche Sicherheit für Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt stellt.“ Kriterien für dieses Ziel fasst die 6R-Regel zusammen. Sie besagt, dass die richtige Patientin bzw, der richtige Patient das richtige Arzneimittel in der richtigen Dosierung und Anwendung zum richtigen Zeitpunkt erhält und dies korrekt dokumentiert wird.

Diese Regel wird in der Praxis durch diverse Maßnahmen umgesetzt. So wird eine Verwechslung von Patientinnen und Patienten mit Identifikationsarmbändern vorgebeugt, die jeder stationär aufgenommene zu Behandelnde trägt. Bei der Arzneimittelauswahl setzt das Klinikum auf einen interprofessionellen Ansatz: „Für Fragestellungen zu unerwünschten Wechselwirkungen, angepassten Dosierungen und der sachgerechten Anwendung arbeiten Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Angehörige der Therapiebereiche und Apothekerinnen und Apotheker zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten eng zusammen.“, so Dr. Dombeck. Dazu gehört auch das seit einiger Zeit laufende Projekt „Stationsapotheker:innen“, bei dem pharmazeutische Expertinnen und Experten direkt auf den Stationen in die Teams eingebunden sind.

Um der rasant steigenden Resistenzen von Antibiotika entgegenzusteuern, gibt es am Klinikum zudem seit einigen Jahren ein sog. Antibiotic Stewardship-Team (kurz ABS). Es sichert die wirksame Behandlung von Infektionen durch Keime und Erreger: „Im Rahmen unseres besonderen Versorgungsauftrags von Arbeitsunfällen behandeln wir oft Patientinnen und Patienten aus Branchen, in denen Kontakt mit multiresistenten Erregern besteht, was besondere Beachtung insbesondere in der Wahl der Antibiotika notwendig macht“, so Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch, Ärztlicher Direktor des Klinikums.

Auch der demographische Wandel, konkret das steigende Alter, spielt beim Thema Medikationssicherheit eine Rolle. Die stoffwechselbedingten Veränderungen erfordern sowohl eine bewusste Auswahl von Arzneistoffen als auch eine angepasste Dosierung International evaluierte Auswahllisten liefern wertvolle Erkenntnisse, um z.B. Organfunktionen (Niere und Leber) nicht zu beeinträchtigen oder Sturzrisiken zu minimieren: „Blutdruckpräparate sind hier ein gutes Beispiel, da diese in zahlreichen Wirkstoffklassen und Kombinationen verordnet werden können. Daher ist insbesondere auf Doppelverordnungen zu achten “, so Dr. Dombeck.

Eine besondere Herausforderung stellt in diesem Zusammenhang auch die Polymedikation dar. Etwa jeder vierte Bundesbürger nimmt nach aktuellen Zahlen permanent drei oder mehr Medikamente ein – nicht immer ist das notwendig. Diese „Verselbstständigung von Arzneimitteltherapien“ kann zu Problemen führen, weiß Prof. Frosch: „Ein klassisches Beispiel, was immer wieder zu Komplikationen führt, sind Blutverdünner. Betroffene zeigen bei Frakturen häufig massive Hämatome, die oft sofortiges chirurgisches Handeln erfordern.“, so der erfahrene Chirurg und ergänzt: „In manchen Fällen ist eine Einnahme gar nicht mehr erforderlich.“

Selbstverantwortung im Umgang mit Arzneimitteln ist grundsätzlich wichtig – in Krankenhäusern müssen aber zudem präventiv Maßnahmen greifen. Hierzu zählt, den größten Risikofaktor zu minimieren: unbewusste Fehler durch menschliches Handeln: „Untersuchungen zeigen, dass das höchste Niveau an Sicherheit in der Patientenversorgung durch eine Kombination von menschlicher Expertise und technischer Unterstützung erzielt wird.“, so Dr. Dombeck. Das Klinikum setzt daher auf elektronische Datenbanken und Verordnungssysteme. Hier sind alle relevanten Hinweise zur richtigen Anwendung hinterlegt. Bis hin zur scheinbar banalen Frage, ob Tabletten überhaupt geteilt werden dürfen, oder die Bruchrille doch nur eine Schmuckkerbe ist – ein klassischer Fall für das sog. „CIRS-Meldesystem“ des Klinikums: In diesem können (Beinahe-) Fehler anonymisiert thematisiert werden, um aus diesen für die Zukunft zu lernen.

Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Wo Fehler in der Medikation passieren, sind jedoch auch Menschenleben gefährdet. Krankenhäuser stehen daher in der Verantwortung, die sichere Medikation als festen Teil der Unternehmensentwicklung zu etablieren. Prof. Frosch: „Ein entscheidender Schritt ist bereits gemacht, wenn wir den vielen vermeidbaren Fehlern effektiv begegnen. Darüber hinaus sind eine hohe Expertise und Wachsamkeit aller Berufsgruppen notwendig, zusammen mit einer kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse. Dafür setzen wir uns als Klinikum ein.“

1Aktionsbündnis Patientensicherheit (aps-ev.de)
2Titelfolie BundesSerif Office Regular 33 pt (bfarm.de)
32016_costs_psp_en_0.pdf (europa.eu)