Behandlung von Verbrennungen
Die Behandlung von akuten Verbrennungen und die plastisch-chirurgische Wiederherstellung nach Verbrennungen gehört zu einem der Behandlungsschwerpunkte unserer Abteilung für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie.
Als größtes Organ des menschlichen Körpers übernimmt die Haut zahlreiche lebensnotwendige Funktionen. Die Haut schützt gegen äußere Einflüsse wie Hitze, Kälte, Sonne, Schmutz und Wind, reguliert über das Schwitzen unseren Wärme- und Wasserhaushalt und ist wesentlich am Stoffwechsel und der Immunabwehr beteiligt.
Verbrennungsnarben führen unweigerlich zu Einschränkungen von Form und Funktion, beeinflussen die Lebensqualität negativ und können vor allem im Gesicht und an den Händen zu Stigmatisierungen führen. Wir haben uns daher als Plastische Chirurgen zum Ziel gesetzt, nicht nur Form und Funktion möglichst vollständig herzustellen, sondern auch das ästhetische Erscheinungsbild zu verbessern.
In unserer speziellen Verbrennungssprechstunde entwickeln wir mit Ihnen gemeinsam individualisierte Therapiekonzepte:
Hierfür bieten wir Ihnen das gesamte Spektrum von einfachen Hauttransplantationen, Narbenentfernungen, Fettunterspritzungen über Narbenstrangauflösungen durch örtlichen Gewebetransfer bis hin zu komplexen Rekonstruktionen mit mikrovaskulären Gewebetransplantationen an. Durch den engen Austausch und die Integration unserer Physio- und Ergotherapeuten können wir für Sie so viel erreichen.
Unter dem Begriff Verbrennung werden in der Regel alle flächigen Verletzungen der Haut und Hautanhangsgebilde zusammengefasst, welche aufgrund thermischer (Hitze, Kälte, Elektrizität), chemisch-toxischer (Säuren oder Laugen), oder physikalischer (Phototoxizität, Reibung) Einflüssen auftreten, die je nach Tiefe ggf. durch eine Operation behandelt werden müssen.
Ferner können infektiöse (nekrotisierende Faszitis, Staphylococcal scaled skin syndrom, etc.) oder autoimmune (Pyoderma gangränosum, Lyell-Syndrom (Toxische Epidermale Nekrolyse), Stevens-Johnson-Syndrom) Reaktionen ähnlich Erscheinungsbilder verursachen.
Je nach Schwere endet die Abheilung mit der Ausbildung einer Narbe, der Anlagerung parallel ausgerichteter Kollagenfasern und einer dadurch entstehenden Reduktion der Hautelastizität. Im besten Fall heilen Wunden dann mit einer flachen, geschmeidigen und minimal sichtbaren Veränderung, der Narbe, ab.
Bei überschießender Kollagenanlagerung werden Verbrennungsnarben zusehends dicker, weniger dehnbar, juckend und schmerzhaft und können in der Folge vor allem über Gelenken zu Kontrakturen und Funktionsstörungen führen.
Je nach Schwergrad der Verbrennungsfolgen und -narben kann bei funktionellen und bzw. oder ästhetisch-störenden Hautveränderungen die Behandlung zunächst ohne eine Operation mit sogenannten konservativen Behandlungsmaßnahmen oder mit einer Operation notwendig sein.
Das Hauptziel der Therapie ist es dabei, die Festigkeit von Narben zu reduzieren und Narbenplatten zu ersetzen sowie einen störenden Verlauf umzulagern, um alle Gelenke ohne Einschränkungen bewegen zu können. Selbstverständlich werden auch ästhetische Einschränkungen und individuelle Wünsche berücksichtigt. Form, Funktion und körperliche Integrität stehen zudem im Vordergrund.
Die Abteilung für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie bietet Patientinnen und Patienten mit Verbrennungsfolgen und -narben von Kopf bis Fuß das gesamte Spektrum der konservativen und operativen Verbrennungsnarben- Behandlung inklusive Bewegungstherapie. Die Behandlung in der Klinik erfolgt gemeinsam mit Hand-Ergotherapeuten und Physiotherapeuten, Wundtherapeuten sowie Lymphtherapeuten.
Abteilung für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie
Sara Ariah
Sekretariat der Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie
069 475-2323069 475-2343E-MailUnser Therapieangebot zur Behandlung von Verbrennungsfolgen und -narben:
- Ambulante Untersuchung, Beratung und Therapieeinleitung inklusive Kompression, Silikonbehandlung etc.
- Nadelroller-Therapie zur Narbenaufweichung
- Verschiebelappenplastiken aus dem Bereich der klassischen Plastischen Chirurgie (z. B. Z-Plastiken an der Hand oder dem Mundwinkel)
- Wiederherstellung deformierter oder verzogener Körperregionen (z. B. Ohr, Brust, Bauchwand)
- Sämtliche Hauttransplantationsverfahren inklusive Dermisersatz bei Narbenplatten
- Eigenfett-Transfer (Lipofilling) zum Aufbau der Unterhaut bei Asymmetrien
- Freie, mikrochirurgische Lappenplastiken
Akute Verbrennungen
Leichte Verbrennungen kommen in Deutschland jährlich ca. 600-mal/100.000 Einwohner vor. Schwere Verbrennungen hingegen nur ca. 1-mal/50.000 Einwohner pro Jahr, wobei hier Männer mit 71 % deutlich häufiger betroffen sind als Frau. Mit annähernd 60 % der Fälle sind die Patienten im Alter von 20 – 59 Jahren am häufigsten betroffen.
Die direkte Flammeneinwirkung (52 %), gefolgt von Verbrühungen (23 %) und Explosionsverletzungen (6 %), sowie Kontaktverbrennungen (5%) und Stromunfälle (4 %) stellen die häufigsten Ursachen für Verbrennungen dar.(Quelle: S2k-Leitlinie Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen, register.awmf.org/de/leitlinien/detail/044-001 [Stand 01.02.2021])
Durch Hitze, Kälte, chemische oder physikalische Einflüsse kommt es zu einer irreversiblen Zerstörung der Hautzellen und Hautanhangsgebilde (Talgdrüsen, Haarfolikel, Nervenzellen, Gefäße, etc.). Je höher und länger die Hitzeeinwirkung, desto tiefer können die Gewebe geschädigt werden. Die Tiefenausdehnung bestimmt, ob eine Verbrennung selbstständig abheilen kann oder einer chirurgischen Therapie zugeführt werden muss. Aus diesem Grund werden abhängig von der Verbrennungstiefe drei Schweregrade unterschieden.
Tabelle 1: Einteilung der Verbrennungstiefe und -grade, die Erscheinung und die Behandlung
Grad der Verbrennung Tiefenausdehnung Symptome Operative Versorgung notwendig 1 oberste Hautschicht Rötung, Schwellung, Schmerz, „Sonnenbrand“ nein 2a Oberhaut und oberste Hautschicht Rötung, Blasenbildung,
Schmerz, feuchte Wundenbedingt 2b Oberhaut und Lederhaut Blasen, Schmerzen geringer,
eher blasse, trockene
Wundenja 3 Oberhaut, Lederhaut und Subkutus Grauweißer avitaler Wundgrund, koagulierte Gefäße ja
Verbrennungen Grades 1 und Grades 2a können mit entsprechenden Wundauflagen, einer lokal antiseptischen Therapie und weiteren Maßnahmen spontan zur Heilung gebracht werden. Häufig ist bei Verbrennungen Grades 2b eine Operation notwendig, bei der der Verbrennungsschorf (Eschar) abgetragen und eine Hautverpflanzung durchgeführt wird. Die Verbrennungstiefe ist nicht immer sofort nach dem Trauma ersichtlich, sondern kann sich auch noch in den Tagen nach der Hitzeeinwirkung verschlechtern. Gehen Sie daher zum Spezialisten – eine unsachgemäße Behandlung einer Verbrennung kann Sie lange einschränken.Bei den Erstmaßnahmen nach Verbrennung im häuslichen Umfeld oder während der Arbeit gilt der Eigenschutz als Priorität. Zunächst muss die Gefahrenquelle beseitigt werden. Kann dies ohne Eigenverletzung nicht bewerkstelligt werden, muss ein Notruf abgesetzt werden. Anschließend gilt es die Wunden unter Leitungswasser zu kühlen. Eine Versorgung mit zu kaltem Wasser oder gar Eiswürfel ist hierbei dringend zu vermeiden. Bei großflächigeren Verbrennungen droht sogar eine Auskühlung, hier gilt die Regel „Wunde kühlen, Körper wärmen“ ( aus dem Englischen: „Cool the wound, but warm the patient“).
Im Falle einer Verätzung mit Säure oder Lauge sollte neben dem Rettungsdienst die zuständige Giftzentrale kontaktiert werden (Giftnotruf Mainz für Hessen: 06131-19240).
Die Verbrennungstiefe ist nicht immer sofort nach dem Trauma ersichtlich, sondern kann sich auch noch in den folgenden Tagen verschlechtern.
Wichtig: Kleine Bagetellwunden nach Verbrennungen im Alltag sind in der Regel schmerzhaft, aber heilen mit der richtigen Behandlung meist folgenlos ab. Haben Sie eine großflächige Verbrennung, die wenige cm überschreitet, Gelenke, Hände, das Gesicht oder die Genitalien betrifft oder nicht abheilt, gehen Sie zum Spezialisten und nehmen Sie sich die Zeit.
Um ein optimales funktionelles und kosmetisches Ergebnis zu erreichen, benötigen sie eine fachgerechte Behandlung einschließlich intensiver Wundpflege und ggf. notwendiger
Operationen. Bei der chirurgischen Wundreinigung von verbrannten Arealen ist es essenziell, nur abgestorbenes Gewebe (Nekrosen) zu entfernen. Mit modernsten Techniken wie der Hydrodissektion oder auch dem enzymatischen Debridement
ist es uns heutzutage möglich, ohne Gebrauch des Skalpells selektiv nur Nekrosen zu entfernen und so das regenerative Potential der unverletzten Haut zu erhalten. Oberflächlichere Verbrennungen (bis Grad 2b) können dann im Anschluss mit
temporäreren Hautersatzmaterialien meist zur Ausheilung gebracht werden. Bei tiefen Verbrennungen ist eine Erstversorgung mit Hauttransplantation jedoch auch heute noch nicht zu vermeiden.Die Transplantation von Spalthaut stellt die schnellste, am häufigsten durchgeführte und einfachste operative Therapie zur Versorgung von tiefen Verbrennungen dar. Bei der Spalthaut werden nur die oberflächlichen Anteile der
Hauteinheit (Epidermis und Dermis) mit einer Dicke von 0,2 - 0,4 mm verwendet. Voraussetzung für eine erfolgreiche Hauttransplantation ist ein gut durchblutetes Wundbett.Aufgrund der geringen Verletzungstiefe bei Abnahme eines Transplantats heilen die Entnahmestellen innerhalb von zwei Wochen bei entsprechender Wundversorgung selbständig ab. Aufgrund des fehlenden Kollagen- und Elastinanteils der fehlenden Lederhaut, neigen Spalthauttransplantate stärker zu Kontrakturen und weisen oft eine unregelmäßige Oberfläche auf. Zusätzlich fehlen die Hautanhangsgebilde, wie Haare und Talgdrüsen, weshalb sie ein Leben lang mit rückfettenden Salben versorgt werden müssen.
Bei Untergang der Lederhaut (Dermis) kann es sinnvoll sein, diese durch künstliche Hautersatzmaterialien zu ersetzen. Diese heilen über einen Zeitraum von bis zu 3 Wochen durch Aussprossung neuer Gefäße ein und können je nach Art des Dermisersatzes direkt oder im Zuge einer zweiten Operation mit einem Hauttransplantat gedeckt werden. So kann einer erneuten Narbenverkürzung über den Gelenken und der damit verbundenen Bewegungseinschränkung entgegengewirkt werden.
Nach der akuten Verbrennung
Nach der Akutversorgung und der abgeschlossenen, chirurgischen Behandlung oder der konservativen Therapie der Verbrennungswunden, schließt sich die für die Patienten oft sehr langwierige und belastende Phase der Narbenreifung an, welche bis zu zwei Jahre dauern kann.
In dieser Phase der kollagenen Umstrukturierung werden Narbenrötung, Juckreiz und Narbenschmerzen als besonders störend empfunden. Hier können gerade konservative Therapieansätze wie Narbenmassagen, Eincremen, Silikonauflagen, Kompressionsbekleidung, Physio- und Ergotherapie sowie Lasertherapie gute Erfolge erzielen. Außerdem ist die Verwendung eines „Sun-Blockers“ mit hohem Lichtschutzfaktor unbedingt zu empfehlen.
Überschießende Narben und derbe Narbenplatten, die trotz konservativer Maßnahmen ästhetisch, wie funktionell einschränkend sind, empfehlen wir die Behandlung mittels einer chirurgischen Therapie. Narben können durch Inzision (Einschneiden), Exzision (Ausschneiden) und/oder durch Reposition (Umlagerung) von gesundem Gewebe aufgelöst oder ihre Einschränkungen reduziert werden.
Die Z-Plastik ist ein Vertreter der lokalen Verschiebelappenplastiken und gehört zu den ältesten und am häufigsten verwendeten plastisch- chirurgischen Techniken in der Behandlung von Verbrennungsnarben. Sie wird überall dort eingesetzt, wo Narbenstränge durch ihren verkürzenden Charakter (Kontraktur) zu funktionellen Einschränkungen an Gelenken, Augen und Mund führen. Durch die Bildung zweier gegenläufiger, dreieckförmiger Transpositionslappenplastiken,können Narbenstränge nicht nur ausgeschnitten, sondern auch in ihrer Ausrichtung umorientiert und verlängert werden, um besser in den vorgegebenen Hautfalten oder Hautspannungslinien zu liegen zu kommen.
Mit der Verwendung von allschichtigen Hautlappenplastiken aus der unmittelbar angrenzenden Umgebung mitsamt ihrer Anhangsgebilde (Haarfolikel, Gefäßplexus, Nerven, Fettgewebe, Drüsenkörper, etc.) wird ein fundamentales Prinzip der Plastischen Chirurgie verfolgt: Gleiches mit Gleichem zu ersetzen. Durch Transposition, Rotation oder Vorschub von gesundem, überschüssigem Gewebe, können geschädigte Areale in ihrem gesamten komplexen Aufbau rekonstruiert werden. Lappenplastiken zeigen aufgrund ihres intrinsischen Aufbaus keine Schrumpfungstendenz und können vor allem bei Kindern mitwachsen. Im Gegensatz zu lokalen Lappenplastiken, sind regionale Lappenplastiken zwar in der Nähe der Defektzone, mit dieser aber nicht direkt verbunden.
Der freie mikrovaskuläre Gewebetransfer wird bei großflächigen akuten Verbrennungen und hauptsächlich in der sekundären Versorgung von Komplikationswunden und Narbenplatten eingesetzt. Hierbei wird überschüssiges Gewebe einer nicht betroffenen Region samt seiner Gefäßversorgung entnommen und an den Bereich der Komplikationswunde transplantiert. So können große, rigide und instabile Narbenplatten mit gut durchblutetem, dehnbarem Gewebe ersetzt werden.
Bei folgenden Verbrennungsfolgen kann diese Technik zum Einsatz kommen:
- ausgeprägte, gelenkübergreifende Narbenkontrakturen
- Narbenstränge und -platten ohne angrenzendes gesundes Gewebe
- freiliegende, funktionelle Strukturen nach Entfernung von allschichtigen Narbensträngen (Gefäße, Nerven, Sehnen, Knochen, etc.)
- Verbesserung des Lymphabflusses bei zirkulären Verbrennungsnarben an den Extremitäten
- Verbesserung der Ästhetik bei überschießender Narbenbildung an exponierten Arealen (Gesicht, Hals, Handrücken)
In der Regel wird dieses Verfahren zur Korrektur von Gewebedefekten verwendet, die im Narbenverlauf oder im Bereich von Narbenplatten nach Verbrennung entstehen oder die Auspolsterung dünner Unterhautschichten erfordern. Die Aufarbeitung des Fettgewebes kann auch zu einer Unterstützung der Narbenreifung führen, da in dem körpereigenen Fettgewebe Stammzellen und Stützgewebe enthalten ist, dass in der Kombination diesen Effekt ausüben kann. Eine körperschonende Entnahme des Gewebes an Regionen mit Überschuss sowie ein Transfer, der darauf abzielt, möglichst einen großen Anteil Gewebe zu erhalten, sind die Grundlagen unsere Behandlung durch Lipofilling.
Weitere Informationen
Eine Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkasse oder Unfallversicherung ist bei akuten Verbrennungen und allen anderen oben angeführten Verletzungen und Verbrennungsfolgen in der Regel üblich. Bei kleineren Narben empfehlen wir Ihnen, gemeinsam mit unserer Unterstützung einer Kostenübernahme einzuholen. Gerne beraten wir Sie ausführlich und unterstützen Sie bei einer ggf. notwendigen Beantragung der Kostenübernahme. Alternativ bieten wir sämtliche Operationen auch als Selbstzahler-Leistung an. Nach eingehender Untersuchung und Beratung
Im Rahmen unserer Verbrennungs-Spezialsprechstunde beraten wir Sie gerne ausführlich über die plastisch-chirurgischen Therapiemöglichkeiten bei Verbrennungen und deren Folgen. Nach der klinischen Untersuchung erarbeiten wir gemeinsam einen Therapieplan und klären Sie über die einzelnen Schritte, erreichbaren Ziele, sowie Risiken und möglichen Komplikationen auf.
Sie profitieren so von unserer ganzheitlichen Erfahrung aus einer Hand – von der unfallmedizinischen Wiederherstellung bis zur ästhetischen Chirurgie. Wir beraten Sie gerne!
Informationen zu unserer Abteilung für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie
Unsere Abteilung umfasst verschiedene Fachbereiche mit unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkten. Zu diesen sowie zu der von uns genutzten modernsten Medizintechnik und den neuesten Operationstechniken informieren wir Sie auf den nebenstehenden Fachbereichsseiten.