Verbrennungs­medizin

Das sogenannte ausgedehnte thermische Trauma gehört zu den schwersten Verletzungen, die ein Mensch erleiden kann. Die großflächige und tiefe Zerstörung der Körperoberfläche führt nicht nur zu lokalen Schäden durch den Zusammenbruch der schützenden Hautbarriere, sondern auch zu biochemischen Prozessen im gesamten Körper, die lebensbedrohliche Auswirkungen haben.

Besonders gefährlich ist der Verbrennungsschock: Es kommt sehr schnell zu einer massiven Umverteilung der im Kreislauf zirkulierenden Flüssigkeiten mit erheblichen Verlusten an Gewebsflüssigkeit an der Verbrennungswunde sowie zu einer großflächigen Ödem-Bildung (Ansammlung von Flüssigkeit im Bindegewebe) auch in nicht verbrannten Arealen. Wird in dieser Situation nicht schnell eingegriffen, kann es durch eine regionale Minderdurchblutung von lebenswichtigen Organen zur massiven Störung der Körperfunktionen kommen. Das kann in einem lebensbedrohlichen Multiorganversagen enden.

Die enge interdisziplinäre Kooperation vieler medizinischer Spezialfächer bildet die Basis einer erfolgreichen Therapie schwerer Verbrennungen und der daraus resultierenden Verbrennungskrankheit. Die aufwendige Pflege der brandverletzten Patienten wird durch speziell ausgebildete Intensivpflegekräfte gewährleistet. Durch Krankengymnasten und Ergotherapeuten wird bereits in der Intensivphase mit der Rehabilitation begonnen. Nicht nur der Patient sondern auch die Angehörigen werden von Anfang an durch Psychotraumatologen betreut.

Die chirurgische Verbrennungsbehandlung gliedert sich in einen konservativen und einen operativen Teil. Oberflächliche Verbrennungen der Tiefengrade I (Sonnenbrand) und IIa (Blasen mit gut durchblutetem Wundgrund) werden in der Regel konservativ behandelt. Hier gilt es, möglichst schonend unter Anwendung von schmerzlindernden und keimreduzierenden Substanzen zu einer Selbstheilung zu kommen, die in der Regel nach zwei Wochen abgeschlossen ist. Zunehmend finden aber bei den II-gradigen Verbrennungen synthetische Ersatzmaterialien der Oberhaut sowie biologischen Transplantate im klinischen Alltag Verwendung. Der Vorteil für die Patienten sind die ungestörte Regeneration, die rasche Schmerzlinderung sowie eine deutlich reduzierte Zahl von Verbandswechseln bis zum kompletten Abheilen der Wunde unter den transplantierten Materialien.

Tiefer reichende Wunden (IIb und III gradig) bedürfen einer chirurgischen Behandlung. Diese sieht zunächst ein Abtragen des verbrannten Gewebes bis in vitale Bereiche vor.

Ein völlig neuer Therapieansatz ist hier das sogenannte enzymatische Debridement mittels einer Enzymmischung, die selektiv nur zerstörtes Gewebe entfernt und durch die Schonung vitaler Hautschichten in vielen Fällen eine Heilung ohne die Notwendigkeit einer Hauttransplantation ermöglicht.

Bei tiefen Wunden muss allerdings patienteneigene Haut transplantiert werden.
Diese Eigenhaut wird aufgrund der limitierten unverletzten Entnahme-Flächen durch unterschiedliche Expansionsmethoden vergrößert. Sollte im Einzelfall bei ausgedehnten Verbrennungen über 60 % der Körperoberfläche die noch vorhandene Eigenhaut nicht ausreichend sein, muss auf Kulturhautverfahren (im Labor gezüchtete Haut) zurückgegriffen werden. Auch dieses komplexe, teure und zeitaufwendige Verfahren wird im Unfallkrankenhaus Berlin seit Jahren erfolgreich angewendet.

Das Auftragen gesprühter Hautzellen ist als neues Verfahren etabliert. Hier können – gerade im Gesichts- und Handbereich – Wunden, die eine verzögerte, oft mit vermehrten Narbenbildungen einhergehende Heilung aufweisen, mit gesprühten Hautzellen versorgt werden. Die Ergebnisse der Ausheilung sind in der Regel sehr gut.

Ein weiteres modernes Feld der Verbrennungsbehandlung ist der Ersatz der tiefen Hautschichten durch sogenannte Dermisersatzmaterialien. Der Einsatz dieser Materialien aus Kollagen oder Kunststoffen in Verbindung mit einem dünnen Hauttransplantat des Patienten führt zu deutlich hautähnlicheren Transplantationsergebnissen. Angewandt wird diese Methode vor allem im Bereich der Hände sowie großer Gelenke, die funktionell und ästhetisch wichtige Regionen des Körpers sind.