Fehlernährung ist in der Regel ein wesentliches Merkmal der Adipositas. Daher sind die detaillierte Analyse der Essgewohnheiten sowie die individuelle Planung von Ernährungsinterventionen durch Ernährungsfachkräfte von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Therapie. Unter Anleitung der betreuenden Ernährungsfachkraft werden Ihre aktuellen Essgewohnheiten analysiert und auf Sie abgestimmte Ernährungsempfehlungen unter Berücksichtigung des individuellen Ruhe-Energieverbrauchs sowie individuelle Therapieziele und Risikoprofile erstellt. Ziel ist ein suffizientes Energiedefizit zu erreichen, ohne hierbei gesundheitliche Schäden zu verursachen. Extrem einseitige Ernährungsformen sollten aufgrund von erhöhten gesundheitlichen Risiken und fehlendem Langzeiterfolg gemieden werden. Entscheidend ist weniger die Kostform mit Berücksichtigung einzelner Makronährstoffe, sondern eine hypokalorische Ernährung mit dauerhafter Verringerung der Energiezufuhr, da der Gewichtsverlust entscheidend von der Kalorienbegrenzung abhängt.
Die Ernährungstherapie wird in individuell angepassten Einzelterminen oder in einer 12maligen Gruppenschulung angeboten. Die Kosten der Ernährungstherapie liegen bei 100,- (Ersttermin mit BIA Messung und Kalorimetrie) bzw. 70,- € für die Einzeltermine und bei 400,-€ für die Gruppenschulung. Sie werden von den Krankenkassen bezuschusst. Voraussetzung ist eine ärztliche Notwendigkeitsbescheinigung.
Bewegung spielt eine wichtige Rolle für die Erhaltung unserer Gesundheit und kann bei der Gewichtsreduktion wie auch Gewichtsstabilisierung entscheidend unterstützen. Darüber hinaus hat die Bewegungstherapie positive Effekte auf eine Reihe von Adipositas-assoziierten Erkrankungen und führt zu einer Steigerung der Lebensqualität.
Für eine effektive Gewichtsreduktion wird empfohlen, sich > 150 Minuten pro Woche mit einem Energieverbrauch von 1200 bis 1800 kcal/Woche zu bewegen. Da die körperliche Fitness einen wesentlichen Prädiktor für die kardiometabolische Morbidität und Mortalität darstellt, sollten auch (schwer) übergewichtige Patienten und Patientinnen einen Zugang zu Bewegungsprogrammen und zu individuell geeigneten körperlichen Aktivitäten angehalten werden.
Die Bewegungseinheiten sollten bevorzugt unter institutionalisierter Leitung (im Rahmen von Rehabilitationssportmaßnahmen, Fitnessstudio-Sport, Aqua-Fitness-Gruppe etc.) erfolgen. Bei einer selbst durchgeführten Bewegungstherapie, sollte zumindest zu Beginn und im Verlauf ein qualifizierter und individuell angepasster Therapieplan unter fachlicher Anleitung erstellt werden.
Bei der konservativen Adipositastherapie kommen häufig therapeutische Interventionen zum Tragen, die unmittelbar auf eine Verhaltensänderung bzw. Verhaltensmodifikation abzielen. Hierbei ist es wichtig, zwischen der Verhaltenstherapie als Psychotherapie von psychischen Störungen und verhaltenstherapeutischen Maßnahmen als Verhaltensmodifikation bzw. Lebensstilinterventionen des Essverhaltens adipöser Patient*innen zu unterscheiden.
Im Rahmen von Gewichtsreduktionsprogrammen bei Adipositas werden insbesondere kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden empfohlen, wie Selbstbeobachtung von Verhalten (Gewicht, Essverhalten), Einüben eines flexibel kontrollierten Ess- und Bewegungsverhaltens, Stimuluskontrolle, Problemlösetraining, soziales Kompetenztraining, Zielvereinbarungen, kognitive Umstrukturierung, Verstärkerstrategien, Rückfallprävention, Strategien im Umgang mit wieder ansteigendem Gewicht. Dabei geht es auch um die kritische und emotionale Auseinandersetzung des Patienten mit dem eigenen Verhalten und den Krankheitsursachen sowie dem Aufbau neuer Einstellungs- und Verhaltensmuster, die auch zur Unterstützung einer langfristigen Gewichtsstabilisierung hilfreich sind.
Mitunter liegt neben der Adipositas eine behandlungsbedürftige psychische Komorbidität vor (z.B. eine Depression), die negativen Einfluss auf den Gewichtsverlauf nehmen kann, insbesondere auch nach einer möglichen Operation. Zu den häufigen Essstörungen zählen die Binge-Easting Störung und das Night-Eating Syndrom sowie deren subsyndromale Formen, aber auch andere Formen nicht-normativen Essverhaltens wie „grazing“, „loss of control eating“ oder auch das emotionale Essen. Diese zu erkennen und verhaltenstherapeutisch zu behandeln gehört mit zu den zentralen Grundlagen der interdisziplinären Adipositastherapie und erfolgt bei uns durch erfahrene Kolleg*innen der Psychosomatik.
Die Arzneimittelforschung hat im Bereich der Adipositastherapie in den letzten Jahren erfreuliche Fortschritte erzielt. Es sind mittlerweile einige sehr gute Präparate auf dem europäischen Markt für die Behandlung der Adipositas zugelassen und verfügbar. Leider bezahlen die Krankenkassen die Therapie, trotz ihrer sehr guten Wirksamkeit und Verträglichkeit, nur in Ausnahmefällen (§34, SGB V). Wir prüfen mit Ihnen ob der Einsatz einer Pharmakotherapie zur Unterstützung der Gewichtsabnahme und Prävention von Folgeerkrankungen in Ihrem individuellen Fall sinnvoll und/oder möglich ist.
Sie können aus zeitlichen Gründen nicht an unserem Programm teilnehmen oder möchten lieber eigenständig die Therapie absolvieren? Sprechen Sie mit uns über die Möglichkeit einer digitalen Adipositastherapie per App (Digitale Gesundheitsanwendung) unter ärztlicher Anleitung.